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Warum haben Laufschuhe einen erhöhten Absatz und laufen wir deshalb auf dem Rückfuß?

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Bei den meisten Laufschuhen ist der Absatz doppelt so hoch wie die Sohle am Vorfuß. Dies sollte die Spannung in der Achillessehne reduzieren, führte aber auch dazu, dass wir überwiegend auf dem Rückfuß laufen.

Nike Laufschuhe vor einem Kornfeld

Die Idee der Erhöhung des Absatzes kommt aus der Pferdezucht und soll die Spannung in der Achillessehene reduzieren.

Wer sich seine Laufschuhe einmal genauer ansieht, dem wird auffallen, dass die meisten Laufschuhe einen erhöhten Absatz haben. Dies betrifft allerdings nicht nur Laufschuhe, sondern viele Arten von Schuhen.

Die Sohle am Absatz ist etwa doppelt so dick, wie die Sohle am Vorfuß . Dieser Höhenunterschied am Schuh wird auch Sprengung genannt. Aber wie kam es dazu, dass überhaupt ein Absatz in einem Schuh eingebaut wird? In den Jahren 1978 bis 1980 hat man die Verletzungen von Läufer systematisch untersucht und im Ergebnis kam der Verdacht auf, dass ein ungeeigneter Absatz Verletzungen im Bereich der Achillessehne begünstigen könnte . Bei Pferden erhöht man den Absatz mit einem Hufkeil, welcher nachweislich die Spannung in der Achillessehne reduziert. Dadurch kam die Idee auf, Entzündungen im Bereich der Achillessehne durch einen erhöhten Absatz zu behandeln. Man vermutete, dass eine Erhöhung der Ferse auch beim Menschen die Spannung in der Achillessehne reduzieren würde und somit die Kräfte, die in der Achillessehne beim Laufen wirken reduzieren könnte.

Nahaufnahme eines Laufschuhs von der Seite
Einer von meinen Laufschuhen. Hier sieht man schön, dass der Absatz hinten viel höher ist als die Sohle vorne.

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Durch die Erhöhung des Absatzes wurden wir überwiegend Rückfußläufer

Die Entscheidung den Absatz zu erhöhen, um die Achillessehne zu entlasten, war seinerzeit ein gutes Argument, denn viele Läufer leiden im Laufe ihrer sportlichen Karriere an Achillessehnenproblemen. Allerdings war man sich damals nicht bewusst darüber, welche Konsequenzen eine Erhöhung des Absatzes noch mit sich bringen würde.

Ein Experte in diesem Bereich ist Professor Liebermann (auch Professor Barfuß genannt) von der renommierten Universität in Cambridge. Er hat untersucht, welche Auswirkungen das Tragen von modernen Laufschuhen auf das Laufen hat. Zwei seiner Arbeiten haben sogar das Thema des Covers der renommierten Zeitschrift Nature geziert. Dazu hat er nach Menschen gesucht, die noch nie einen Schuh getragen haben und untersucht, wie der Laufstil dieser Leute ist und diese mit Läufern vergleichen, die mit modernen Laufschuhen laufen.

Er kam zu dem Ergebnis, dass Läufer mit einem erhöhtem Absatz eher dazu neigen, mit der Ferse (Rückfußläufer) als Erstes auf den Boden aufzukommen. Läufer, die noch nie Schuhe getragen haben, kommen dagegen überwiegend mit dem Vorfuß als Erstes auf dem Boden auf . Man muss allerdings erwähnen, dass es auch bei Läufern, die noch nie einen Schuh getragen haben, Rückfuß und Mittelfußläufer gibt. Bei großen Laufveranstaltungen hat man beobachtet, dass 95 % der Läufer mit der Ferse als Erstes den Boden berühren und maximal 1 % mit dem Vorfuß. Dies stützt also die Aussage, dass wir durch den modernen Laufschuh überwiegend zu Rückfußläufern wurden.

Dass wir nun überwiegend auf den Rückfuß laufen, hat allerdings einige Konsequenzen. Zwar konnte man durch einen erhöhten Absatz die Last auf die Achillessehne verringern, aber dafür hat sich die Last auf die Ferse und das Schienbein vergrößert. Es kommt also der Verdacht auf, dass sich die Anfälligkeit für Plantarfasziitis, Ermüdungsbrüche im Schienbein und Shin Splints vergrößert hat. Ob das aber tatsächlich zu mehr Verletzungen in diesen Bereichen führt, konnte wissenschaftlich bisher noch nicht nachgewiesen werden.

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